Die Novel Food-Verordnung ist ein europäisches Gesetz, das 1997 erlassen wurde. Sie regelt, dass Lebensmittel, die nicht traditionell in der Europäischen Union konsumiert werden, strengen Sicherheitsanforderungen unterzogen werden müssen. Dazu gehören neu entwickelte Verarbeitungsmethoden, neue Zutaten und neue Formulierungen. Die Novel Food-Verordnung definiert neuartige Lebensmittel als solche, die “nicht gebräuchlich sind oder nicht gebräuchlich waren in der Europäischen Union vor dem 22. November 1997”.
Über die rechtliche Einstufung von CBD wurde lange Zeit gestritten. Anfangs war man der Auffassung, dass CBD nicht als Lebensmittel eingestuft werden kann, da Suchstoffe, also Stoffe mit betäubender oder psychotroper Wirkung, von der Zulassung als Lebensmittel ausgeschlossen sind. Diese Diskussion beendete der europäische Gerichtshof mit einer Urteilssprechung, das die Europäische Kommission veranlasste, die generell mögliche Einstufung von Cannabidiol als Lebensmittel zuzulassen.
Auch wenn Hanfsamen oder Hanfsamenöl bereits lange als Lebensmittel verwendet werden, war die Verwendung von Cannabidiol (CBD) oder anderen Cannabinoiden als Nahrungsergänzungsmittel vor 1997 nicht bekannt. Aus diesen Gründen hat die europäische Lebensmittelüberwachungsbehörde (EFSA) die Einstufung von CBD als “neuartiges Lebensmittel” vorgenommen. Dies führt dazu, dass Cannabinoid-haltige Produkte trotz der möglichen Einstufung als Lebensmittel nach der Novel Food-Verordnung zugelassen werden müssen.
Die Novel Food-Verordnung hat erhebliche Auswirkungen auf die Produktion und den Vertrieb von CBD-Produkten in der Europäischen Union. Die Verordnung verlangt von CBD-Herstellern, dass sie eine Reihe von Prüfverfahren absolvieren müssen, bevor sie ihre Produkte auf den Markt bringen und verkaufen können. Diese Verfahren umfassen: die Analyse des Produktionsprozesses und der Qualitätskontrolle, die klinische Bewertung verschiedener Cannabinoide, die Prüfung der Allergenität des Produkts sowie die Bewertung der potenziellen Nebenwirkungen. Diese Tests sollen gewährleisten, dass alle CBD-Produkte sicher und für den Konsum geeignet sind.
Die Einhaltung der Novel Food-Verordnung ist für Hersteller von CBD-Produkten sehr aufwendig und teuer. Dennoch liegen eine Vielzahl von Anträgen bei der EFSA zur Prüfung vor.
Bis zur Urteilsverkündung des europäischen Gerichtshofs Ende 2020 war die rechtliche Lage von CBD-Produkten nicht eindeutig geklärt und in Deutschland teilweise sehr uneinheitlich interpretiert. Teilweise wurden CBD-haltige Produkte toleriert, teilweise wurden die Produkte als nicht verkehrsfähig deklariert.
Da die Hersteller CBD-Produkte zu dieser Zeit vor allem auch über Apotheken vertreiben wollten und bei den Großhändlern gelistet hatten, war die rechtliche Lage sehr verwirrend. In einigen Bundesländern wurde von den Aufsichtsbehörden deutlich formuliert, dass die Produkte nicht verkehrsfähig sind und somit nicht verkauft werden dürfen. In anderen Bundesländern wurde dies weniger deutlich kommuniziert, so dass am Ende eine sehr uneinheitliche Lage entstand, die eine gewisse Eigendynamik mit sich brach.
Mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes ist die Rechtslage geklärt und sämtliche CBD-Produkte zum Einnehmen müssen als Novel Food zugelassen sein.
Für Hersteller von CBD-haltigen Produkten hatte die Urteilsverkündung gravierende Auswirkungen. Es war einerseits zwar nicht der “schlimmste Fall” eingetreten, die Einstufung als Betäubungsmittel und somit als verschreibungspflichtiges Arzneimittel. Dies hätte zur Folge gehabt, dass die Bestimmungen für eine Produktzulassung immens hoch geworden wären. Aber auch die Einstufung als Novel Food brachte eine Zulassung mit sich, die sämtliche Produkte, die auf dem Markt größtenteils toleriert wurden, nicht besaßen. Somit drohte der lukrative Markt mit CBD-Produkten einzubrechen.
CBD-Proukte werden seit dieser Marktregulierung vor allen Dingen als Kosmetikum vertrieben, da das Inverkehrbringen deutlich leichter ist. Ein Kosmetikum ist für die äußerliche Anwendung zugelassen. Die Bezeichnung der Produkte ist dabei nicht einheitlich und lässt wenig Rückschlüsse auf die Zusammensetzung zu. So werden Begriffe wie “Hanfcreme”, “Cannabis-Kosmetik” und “CBD-Mundspray” verwendet, aber erst die genaue Zutatenliste, gibt weitere Aufschlüsse darüber, was wirklich zum Einsatz kommt.
In Kosmetika dürfen unter anderem CBD (natürlich oder synthetisch), Hanföl, Extrakte aus Cannabisblätter verwendet werden. Kosmetika sind anders als Nahrungsergänzungsmittel auch nicht von der “Health-Claim-Verordnung” betroffen, die sehr streng reguliert, welche gesundheitsbezogenen Aussagen mit den nahrungsergänzungsmitteln in Zusammenhang gebracht werden dürfen. So werden bei CBD-Kosmetika einige Eigenschaften in der Produktkommunikation verwendet, für die es bis heute noch keine vollständigen wissenschaftlichen Belege gibt.
Zu beachten ist auch, dass eine Wirkung von CBD in unserem Körper durch die Verwendung von CBD-Kosmetika als extrem unwahrscheinlich anzusehen ist. Das Cannabidiol müsste über unsere Haut in einer relevanten Dosierung ins Blut gelangen, um eine Wirkung zu entfalten.
Einige Hersteller bringen Ihre CBD-Produkte daher als pflegendes Mundspray auf den Markt, da diese ebenfalls als Kosmetikum eingestuft werden. So erreichen die Hersteller in der Beschreibung und im Marketing zumindest, dass eine Anwendung im Mundraum stattfindet. Dennoch muss auch hier die zu erzielende Konzentration von CBD in der der Blutbahn kritisch hinterfragt werden und es ist davon auszugehen, dass wissenschaftlich nachweisbare Effekte ausbleiben.
Es existieren im Markt auch Produkte zur innerlichen Anwendung in Tropfen bzw. Extrakten und Kapseln. Hierbei handelt es sich jedoch um Lebensmittel, die in den meisten Fällen Zubereitungen aus Hanfsamenöl enthalten. Gelegentlich werden diesen Ölen noch Vitamin D oder Vitamin E zugeführt, um den Anschein eines Arzneimittels in den Zutatenlisten zu erwecken. Auch wenn in Hanfsamenöl natürlich vorkommendes CBD enthalten ist, ist die Konzentration in diesen Produkten für die Erzielung eines medizinischen Effektes sicherlich zu gering. Der Preisunterschied dieser Produkte zu reinem Hanfsamenöl in Bio-Qualität ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar.
Die EFSA hat aufgrund von offenen Fragestellungen zur Risikobewertung von CBD im Juni 2022 das weitere Prüfungsverfahren gestoppt, um weitere Bewertungen der Antragsteller einzufordern.
Die EFSA sieht Unklarheiten in den Auswirkungen von CBD auf Leber, Magen-Darm-Trakt, Hormon- und Nervensystem. Darüber hinaus gibt es aus Tierversuchen Anzeichen für eine schädliche Wirkung auf die Fortpflanzung.
Es ist jetzt Aufgabe der Hersteller, weitere Daten zu sammeln und darzulegen, dass diese Bedenken unbegründet sind und einer Zulassung nichts im Wege steht.
Dieses Verfahren ist grundsätzlich nicht negativ einzuschätzen und gibt keine Rückschlüsse auf eine mögliche finale Ablehnung der EFSA. Dies ist bei Zulassungsverfahren gelebte Praxis und bleibt abzuwarten, wie schnell hier eine Entscheidung getroffen wird.