• Medizinisches Cannabis

Seit wann ist Cannabis kein Betäubungsmittel mehr?

Johannes Ertelt
Apotheker

Die Frage

Ich meine gehört zu haben, dass Cannabis früher einmal in der Medizin weit verbreitet war. Seit wann ist Cannabis nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft ?

Die Antwort

Johannes Ertelt
Apotheker

Cannabis gehört zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit und wurde noch im 19. Jahrhundert als medizinisches Heilmittel bei vielen Erkrankungen (Kopfschmerzen, Epilepsie, Schlafstörungen, Rheuma u.a.) eingesetzt und war auch in Deutschland bis 1929 völlig legal zu erwerben.

Mit der Entdeckung von Opium zu Beginn des 19. Jahrhunderts und der Isolierung des Inhaltsstoffes Morphium wurde die Schmerztherapie weltweit revolutioniert. Ende des 19 Jahrhunderts kamen dazu Kokain und Heroin auf den Markt, die ebenfalls in der Medizin Einzug fanden. Anfang des 20. Jahrhunderts konnten viele der heute als Droge eingestuften Stoffe legal in Apotheken gekauft werden.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde ein erstes internationales Opiumabkommen beschlossen, um die Herstellung und den Handel mit Opium, Morphium, Kokain und anderen Suchtstoffen zu reglementieren. Cannabis spielte zu dieser Zeit in der Nutzung nur noch eine sehr untergeordnete Rolle.

Erst in den 60er Jahren nahm der Cannabiskonsum durch die Hippie- und Studierendenbewegung wieder deutlich zu. 1961 wurde ein weiteres internationales Abkommen über Suchtstoffe verabschiedet, das die Grundlage für die weltweite Drogenkontrolle darstellte. In Deutschland wurde aber erst 1972 ein neues Betäubungsmittelgesetz erlassen, das das geltende Opiumgesetz von 1929 ersetze. Das Betäubungsmittelgesetz verschärfte den Umgang mit vielen Substanzen, darunter wurde auch der Import, Besitz und Verkauf von Cannabis unter Strafe gestellt. In diesem Atemzug wurde auch die Verwendung von Cannabis in der Medizin unmöglich.

Cannabis auf Rezept zu erhalten, ist in Deutschland seit 2017 möglich. Doch einfach ist es trotzdem nicht. Dass eine Ärztin oder ein Arzt eine Behandlung mit Cannabis für sinnvoll hält, reicht als Begründung nicht aus. Vor Therapiebeginn müssen Versicherte einen Antrag auf Genehmigung bei der Krankenkasse stellen. Dieser muss ärztlicherseits unterstützt und ausführlich begründet werden. Nachdem der Antrag bewilligt wurde, kann die Ärztin oder der Arzt ein Cannabis-Arzneimittel auf einem Kassenrezept verordnen.

Seit dem 1. April 2024 können Ärzte in Deutschland Cannabis zu medizinischen Zwecken auf einem normalen Rezept verordnen. Diese Änderung ist Teil des neuen „Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften“ , das von Bundestag und Bundesrat verabschiedet wurde.

Mit diesem Gesetz unterliegt die Verordnung von Cannabisarzneimitteln nicht länger dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG), sondern dem neuen „Gesetz zur Versorgung mit Cannabis zu medizinischen und medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken“.

Somit ist ein Betäubungsmittelrezept (BtM-Rezept) für die Verordnung von Medizinalcannabis nicht mehr notwendig.